Artgerechte Pferdehaltung

Eine nie sterbende Diskussion zwischen Reitern… wie viel Koppelgang benötigt ein Pferd neben der täglichen Reitarbeit? Wie oft muss die Box entmistet werden und wie viel Einstreu ist, gerade bei der Offenstallhaltung, angemessen? Reichen reine Gummimatten oder fester Naturboden als Untergrund?
Über diese beiden Fragen entschied das Verwaltungsgericht Würzburg im März 2016 (Az.: W 5 K 15.613).

Im Mai 2015 führte das staatliche Veterinäramt auf eine Anzeige hin eine unangemeldete Kontrolle der Pferdehaltung bei X durch.
Der Amtsveterinär stellte hierbei fest, dass die Boxen, vor allem aber der Stall der Stuten, welche in Gruppenhaltung gehalten wurden, stark durch Mist verunreinigt waren. Das Einstreu war zum Großteil durchnässt, es war nicht genügend trockenes Einstreu als Liegefläche vorhanden. Aber auch die zwei Boxen der einzeln gehaltenen Wallache waren stark verunreinigt. X versuchte den Zustand der Boxen damit zu erklären, dass die Boxen der Wallache deswegen verunreinigt seien, da diese die letzten zwei Wochen nicht auf die Koppel konnten. Die Koppel sei gedüngt worden. Die Tiere wurden jedoch im Zuge ihrer Ausbildung täglich ca. 1 Stunde gearbeitet. Der Stall der Stuten sei nicht verunreinigt, denn hier läge eine Matratzenhaltung vor. Die Matratze sei erst vor ein paar Tagen entfernt worden und müsse nun neu aufgebaut werden. Das Aufbauen einer neuen Matratze dauere mehrere Wochen.

X wurde durch Bescheid aufgegeben die Haltung zu verbessern. Bei Nichteinhaltung der Auflagen wurde ihm ein Zwangsgeld angedroht. Hiergegen erhob X Klage vor dem Verwaltungsgericht.

Das Verwaltungsgericht entschied, dass der Bescheid rechtmäßig sei. Die im Bescheid getroffenen Anordnungen waren nach dem Tierschutzgesetz notwendig und verhältnismäßig.

1. Zum fehlenden Koppelgang führt das Gericht aus:

Wie sich aus den Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten ergibt, bewegen sich Pferde unter natürlichen Bedingungen im Sozialverband bis zu 16 Stunden am Tag und haben somit einen Bedarf an täglich mehrstündiger Bewegung. Da kontrollierte Bewegung (Arbeit/Training) nicht die gleichen Bewegungsabläufe wie freie Bewegung enthält, bei der auch überschüssige Energie und Verspannungen abgebaut werden können, kann eine kontrollierte Bewegung die freie Bewegung nicht vollständig ersetzen. Mangelnde Bewegung kann zu Verhaltensstörungen führen. Auch Schäden am Bewegungsapparat seien möglich. Außerdem sei mehrstündige freie Bewegung für die Selbstreinigung der Atemwege nötig.
Die Arbeit des X mit den Pferden kann daher den erforderlichen täglichen Auslauf der Tiere nicht ersetzen. Sollten tatsächlich alle Koppeln gleichzeitig gedüngt gewesen sein, so wäre es Aufgabe des X gewesen, eine Alternative für die Pferde zu finden. So zum Beispiel das zeitweise Anmieten weitere Flächen, da es nicht hinnehmbar ist, dass die Pferde über längere Zeit ohne die erforderliche ausreichende Bewegungsmöglichkeit gehalten werden.

2. Zum Zustand der Boxen führt das Gericht aus:

Der Bodenbelag im Aufenthaltsbereich der Pferde muss trittsicher und rutschfest sein. Der Liegebereich muss trocken und verformbar sein. Alle Liegeflächen sollen eingestreut sein. Geeignet ist dabei Einstreu, das eine gute Nässebindung zeigt. Es ist darauf zu achten, dass keine erhöhte Schadstoffkonzentration (Ammoniak) entsteht. Das nasse Einstreu ist in der Regel einmal täglich zu entfernen und mit trockenem Einstreu aufzufüllen. Bei der Gruppenhaltung ist eine trockene eingestreute Mindestliegefläche pro Tier von zweimal Widerristhöhe erforderlich. Die zum damaligen Zeitpunkt von X gehaltenen zehn Stuten benötigten bei Annahme einer Widerristhöhe von 1,5 m somit einen Liegebedarf von mindestens 99 m² an trockener und sauberer Fläche.
Der Vortrag des X, es handle sich um eine Matratzenhaltung, vermag an diesen Ausführungen nach Ansicht des Gerichts nichts ändern. Voraussetzung einer Matratzenhaltung ist, dass immer reichlich nachgestreut wird. Stroh soll demnach täglich nachgestreut werden.

Soweit sich das Gericht hier auf die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltung bezieht und dabei davon ausgeht, dass das Einstreu stets trocken und verformbar sein soll und dass alle Liegeflächen eingestreut sein sollten, stellt sich die Frage, wie bei Ställen mit reinen festen Naturböden sowie Ställen mit Gummimatten zu entscheiden wäre.

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Verfasserin:
Rechtsanwältin
Anouk Widder-Marcinkowski