Sorge- und Umgangsrecht bei Trennung

Wenn sich die Eltern eines Kindes trennen stellen sich eine ganze Reihe von Fragen:

Wo soll das Kind leben? Wer trifft die wichtigen Entscheidungen für das Kind? Wofür benötige ich die Zustimmung des anderen Elternteils und welche Entscheidungen kann ich alleine treffen? Wie oft darf der andere das Kind sehen? Was passiert, wenn wir uns nicht einigen können?

Nach dem Willen des Gesetzgebers regeln die Eltern auch nach der Trennung diese Dinge zusammen und zwar im Interesse des gemeinsamen Kindes. Leider ist dies in der Realität oft nicht möglich oder nicht so einfach. Viele gehen im Streit auseinander oder haben grundlegend verschiedene Vorstellungen über die Bedürfnisse des Kindes. In diesen Fällen fragt man sich als Elternteil, welche Möglichkeiten einem das Gesetz bietet. An dieser Stelle möchte ich ein paar der juristischen Begriffe und Gestaltungsmöglichkeiten vorstellen und erläutern.

Am wichtigsten ist in diesem Zusammenhang das Sorgerecht. Das Sorgerecht ist das Recht für das Kind zu sorgen und es zu erziehen. Man kann darunter also so etwas wie „Eltern sein“ verstehen, denn wem das Sorgerecht zusteht, der darf und muss die Entscheidungen rund um das Kind treffen.

Nach einer Trennung steht das Sorgerecht beiden Elternteilen gemeinsam zu, wenn die Eltern des Kindes verheiratet waren oder eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben haben.

Leben die Eltern getrennt regelt § 1687 BGB, dass bei Entscheidungen die „für das Kind von erheblicher Bedeutung sind“ die beiderseits sorgeberechtigten Eltern gemeinsam entscheiden müssen.

Solche Entscheidungen sind vor allem Grundsatzfragen und Entscheidungen, die nicht so einfach rückgängig zu machen sind. Darunter fallen Dinge wie:

• Wie soll das Kind heißen?
• Auf welche Schule geht das Kind?
• Wird eine bestimmte Operation durchgeführt oder nicht?
• In welcher Religion wird das Kind erzogen?
• Wo soll das Kind leben?
• Wie wird das Vermögen des Kindes verwaltet?

Diese Entscheidungen sind von den Sorgeberechtigten gemeinsam zu treffen.

Alltagsentscheidungen dürfen auch von einem Elternteil alleine getroffen werden und zwar von dem Elternteil, bei dem sich das Kind gerade aufhält. Beispiele hierfür sind:

• Welche Kleidung trägt das Kind?
• Wie lange darf es abends aufbleiben?
• Was bekommt es zu essen?
• Darf das Kind Freunde besuchen oder mal ins Kino, etc.?
• Wieviel Taschengeld bekommt es?
• Zu welchem Arzt gehe ich mit dem Kind?
• In welche Sportvereine schicke ich das Kind?

Eine genaue Trennung zwischen Entscheidungen „von erheblicher Bedeutung“ und Alltagsfragen fällt oft schwer. Es gibt hier keine festgeschriebenen Listen, was unter Alltagsentscheidungen und Sorgerechtsentscheidungen fällt. Es kommt hier grundsätzlich auf den Einzelfall an. Von erheblicher Bedeutung sind in der Regel solche Entscheidungen, die eine maßgebliche Auswirkung auf das Leben des Kindes haben. Alltagsfragen dagegen sind nicht so wichtig und treten dafür häufiger auf.

Es besteht auch die Möglichkeit dem anderen Elternteil das Sorgerecht durch einen Beschluss des Familiengerichts ganz oder teilweise entziehen zu lassen.

Dies wird in der Regel dann gelingen, wenn der andere Elternteil dem Entzug zustimmt oder wenn die Entziehung des Sorgerechts dem Kindeswohl am besten entspricht.

Hierbei sind Entscheidungskriterien unter anderem, ob der andere Elternteil am Sorgerecht überhaupt interessiert ist und ob er in der Lage ist, für das Kind zu sorgen und es zu erziehen. Auch wird beleuchtet, ob er an den zu treffenden Entscheidungen das Kind betreffend mitwirkt.

Man prüft grundsätzlich ob jemand in der Lage und Willens ist, neben seinem eigenen Leben, noch die Verantwortung für das Kind zu tragen und auch kindgerecht auszuüben. Möglicher Grund für einen Sorgerechtsentzug könnte beispielsweise eine starke Alkoholabhängigkeit sein oder auch gewalttätige Erziehungsmethoden.

Es wird bei einer Entscheidung des Gerichts immer das Wohl des Kindes in den Fokus gestellt. Es geht nicht darum, was die Eltern für ihr eigenes Leben möchten.

Wenn keine Gründe für eine Entziehung des Sorgerechts vorliegen, bleibt es bei einem gemeinsamen Sorgerecht. Wesentlich ist hierbei jedoch, dass die Eltern willens und in der Lage sind auf angemessenem Niveau über die Belange ihres Kindes miteinander zu sprechen.

Können sich die Eltern aber über bestimmte Fragen, z.B. auf welche weiterführende Schule das Kind gehen soll, nicht einigen, so kann auch ein Teil des Sorgerechts dem Einen übertragen/dem Anderen entzogen werden. Häufig ist dabei das Aufenthaltsbestimmungsrecht (*Wo soll das Kind wohnen?*) oder die Vermögenssorge (*Wie wird das Vermögen des Kindes verwaltet?*) betroffen, aber auch andere der erheblichen Entscheidungen können auf diesem Wege allein einem Elternteil zur Entscheidung zugewiesen werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Umgang. Darunter versteht man den Kontakt zwischen dem Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, mit dem Kind.

Das Umgangsrecht ist im Gesetz als ein Recht des Kindes ausgestaltet. Das Kind hat ein Recht darauf mit beiden Eltern Kontakt zu haben, sei es durch persönliche Treffen oder auch durch Telefonate, Email oder Briefe. Der Kontakt zu beiden Elternteilen ist für das Kind sehr wichtig um die Trennungssituation zu verarbeiten.

Für die Eltern ist das Umgangsrecht ein „Pflichtrecht“, weil sie einerseits dem Kind gegenüber verpflichtet sind, dem anderen Elternteil gegenüber sind sie zum Umgang berechtigt.

Das Umgangsrecht der Eltern steht unabhängig neben der elterlichen Sorge. Das Recht besteht daher auch dann, wenn ein Elternteil nicht sorgeberechtigt ist.

Das Umgangsrecht ist oft ein Streitpunkt, da die Eltern sich trotz der Spannungen auf Grund der Trennung irgendwie einigen müssen, wer wann das Kind bei sich hat. Grundlegend gilt, derjenige, bei dem das Kind nicht wohnt, holt es ab und bringt es wieder zurück. Die dabei entstehenden Kosten hat er selbst zu tragen. Wenn aber der Elternteil, bei dem das Kind lebt, mit dem Kind weiter wegzieht, kann dies dazu führen, dass er/sie sich an den Umgangskosten zu beteiligen hat. Das gilt auch dann, wenn er/sie das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht hat. Grund hierfür ist, dass es sonst dem einen Elternteil möglich wäre, den Umgang mit dem anderen Elternteil zu unterbinden, indem dieser einfach mit dem Kind weit weg zieht, sodass der andere sich die entsprechenden Reisekosten nicht leisten kann.

Häufigkeit und Dauer des Umgangs richten sich vor allem nach dem Alter des Kindes und dem Verhältnis zwischen Umgangsberechtigtem und Kind. Auch hier steht das Wohl des Kindes im Vordergrund.

Bei einem sehr jungen Kind sind oft häufigere aber kürzere Besuche unter der Woche und am Wochenende sinnvoll. Wenn das Kind dann schon ein bisschen älter ist, können auch längere Kontakte und Ferienumgänge etabliert werden, zwischen welchen ein etwas längerer Zeitabschnitt liegt.

Eine Regel, dass ein Umgang lediglich jedes 2. Wochenende stattfinden darf, gibt es entgegen der weit verbreiteten Auffassung nicht. Bei guten Bindungen kann hier durchaus auch ein häufigerer Umgang stattfinden wobei hingegen bei Belastungen des Kindes mit der Umgangssituation auch weniger Umgang stattfinden kann.

Wird der Umgang grundsätzlich verweigert oder Absprachen nicht eingehalten, kann das Familiengericht den Umfang und die Ausübung regeln. Sollte trotzdem gegen eine gerichtliche Umgangsregelung verstoßen werden, dann kann das Gericht einen Umgangspfleger bestellen, der sich um die Durchführung des Umgangs kümmert. Der Umgangspfleger darf das Kind herausverlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthaltsort bestimmen.

Bei anderen Problemen beim Umgang können vom Gericht Auflagen gemacht werden. Beispiele hierfür wären:

• ein Verbot Gaststätten aufzusuchen oder Alkohol zu konsumieren
• den Reisepass zu hinterlegen
• eine durchgehende, telefonische Erreichbarkeit zu gewährleisten
• ein Verbot Kraftfahrzeuge zu verwenden

Die Möglichkeiten hierbei sind vielfältig und richten sich ganz nach den im Einzelfall auftretenden Problemen.

Außerdem darf der Umgang nicht dazu genutzt werden das Verhältnis des Kindes mit dem anderen Elternteil zu sabotieren oder dessen Erziehungsmethoden zu untergraben. Wird der Umgang in dieser Art wiederholt missbraucht und manipulativ auf das Kind eingewirkt, kann ein betreuter Umgang in Betracht kommen. Bei einem betreuten Umgang ist zusätzlich eine neutrale, psychologisch geschulte Person während der Dauer des Umgangs anwesend. Betreute Umgänge kommen auch dann in Betracht, wenn davon auszugehen ist, dass der umgangsberechtigte Elternteil mit der Beaufsichtigung des Kindes während des Umgangs überfordert ist und das Kind hierdurch Gefährdungen ausgesetzt sein könnte.

Bei all diesen Dingen gilt es jedoch das Kindeswohl im Auge zu behalten und eine Umgangsregelung zu finden, die von beiden Elternteilen mitgetragen wird.

Verfasser: R. Diery